Der internationale vertragliche Rahmen für nationale Umgangsregelungen mit Rauschmitteln
auf Cannabisbasis jenseits von Prohibition


Es sind insbesondere drei multilaterale Vereinbarungen, die diesen Rahmen bilden. Die Einheitskonvention aus dem Jahr 1961 (nebst dem Ergänzungsprotokoll von 1972), die Konvention über psychotrope Substanzen aus dem Jahr 1971 und die Konvention gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen aus dem Jahr 1988.

Auch wenn sich innereuropäische Abmachungen wie z.B. der Schengen-Vertrag von 1985 sowie
die Durchführungsvereinbarungen zum Schengen-Abkommen von 1990 (Schengen II) ebenfalls
in einzelnen Abschnitten mit Fragen des Betäubungsmittelrechts und seiner Anwendung befassen - eine Gesetzgebungskompetenz hat die Europäische Gemeinschaft auf diesem Gebiet aber nicht. In den Durchführungsvereinbarungen von 1990 findet sich jedoch eine Verpflichtung, die illegale Ausfuhr, den Verkauf, die Verschaffung und auch die Abgabe auch von Cannabis-Produkten mit verwaltungs- und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden (Art. 71 II). Die Maßnahmen, die die hohe Nachfrage begrenzen sollen, allerdings bleiben, im Verantwortungsbereich der einzelnen Vertragsparteien (Art. 71 V). Auch existiert eine gemeinsame Erklärung zu Art 71 II, der gemäß die strafrechtliche Ahndung von Verkauf und Abgabe im Grundsatz gelten soll, Abweichungen aber zu tolerieren sind, solange die Unterbindung von Auswirkungen auf andere Vertragsparteien gewährleistet wird. Diese Grenze sah z.B. Frankreich Mitte der 90er Jahre mit Blick auf die niederländischen "Coffee-Shops" überschritten, da ein zunehmender Drogentourismus französischer Staatsbürger festzustellen gewesen sei. Als Reaktion wurde der für Februar 1996 in Den Haag auf Initiative der niederländischen Regierung einberufene europäische Drogengipfel von Frankreich abgesagt. Eine Folge, die in diesem sachlichen Zusammenhang erträglich erscheint.

Es sind also die eingangs genannten internationalen Verträge, welche die Grundlage für die
internationale Betäubungsmittelkontrolle bilden. Natürlich gelten die Vereinbarungen nur für
diejenigen Staaten, welche diese Konventionen ratifiziert haben. Beabsichtigt erscheint aber
eine Einflussnahme auch außerhalb dieses Bereichs. Zum Beispiel wird gemäß Art. 3 VII der
Einheitskonvention jeder „ ... Beschluss der Kommission aufgrund dieses Artikels ... allen
Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen ... „ mitgeteilt. Zu beachten ist ferner, dass die internationalen Vereinbarungen kein internationales Strafrecht im Sinne materiellen Strafrechts
enthalten. Es handelt sich nicht um unmittelbar anzuwendende Strafbestimmungen und
damit Völkerstrafrecht im eigentlichen Sinne, sondern um Vorschriften, die die Vertragsparteien
in teilweise recht einfacher Form zu bestimmten Maßnahmen auf dem Gebiet des Strafrechts,
der Strafverfolgung, der Auslieferung und der Rechtshilfe verpflichten (z.B. Art. 4/ 1961). Die nationale rechtliche Umsetzung obliegt jeder Vertragspartei selbst. Diese rechtliche Umsetzung steht, dass ist allen Konventionen zu entnehmen, unter dem Vorbehalt der jeweiligen Verfassung (s. Art 36 I/ 1961, Art. 22 I a/ 1971, Art 3 II/ 1988). Allerdings ist hier hinsichtlich der Systematik zu beachten, dass sich dieses regelmäßig schon aus dem jeweiligen Verfassungsrecht selbst ergeben wird. In Deutschland beispielsweise erlangen die Ratifikationen (Ratifikationsgesetz) den Rang einfachen Bundesrechts. Solches misst sich immer am höherrangigen Verfassungsrecht. Schon eine Verpflichtung, ein Gesetz zu erlassen,
dass verfassungswidrig wäre, könnte gar nicht eingegangen werden. Die Konventionen sind
mithin in jeder Hinsicht verfassungskonform auszulegen. Dieses gilt jedenfalls in Deutschland
insbesondere auch für das Verhältnismäßigkeitsprinzip, in dessen Rahmen z.B. auch die
Geeignetheit von Maßnahmen feststehen muss.

Gemäß den jeweiligen Präambeln der Konventionen liegt den Vereinbarungen die Besorgnis
um „die Gesundheit und das Wohl der Menschheit" (1961, 1971, 1988) beziehungsweise um
„die wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Grundlagen der Gesellschaft" (1988) zugrunde.
Die Konventionen beziehen sich auf jeweils zugeordnete Listen beziehungsweise Tabellen,
in die psychotrope Stoffe und zunehmend auch deren Grundstoffe in Abhängigkeit von Gefährlichkeitseinschätzungen und (insbesondere medizinischen) Nützlichkeitserwägungen eingeordnet werden. Die Einschätzung zur Gefährlichkeit orientiert sich an Überlegungen zum Abhängigkeits- und Missbrauchspotential. In Liste IV (1961) beziehungsweise Anhang 1 (1971) finden sich diejenigen Stoffe wieder, die einerseits ein starkes Suchtpotential haben sollen oder andererseits eines erheblichen Missbrauchsrisikos verdächtig sind, ohne dass therapeutische Gesichtspunkte  diese Einschätzungen entgegen wiegen. Dieser Beurteilung unterliegt auch Cannabis (Liste IV/ 1961),  dessen besondere Berücksichtigung durch den Rechtsgestalter aus der Sonderbestimmung des  Art. 28 der Einheitskonvention (Kontrolle des Cannabis) deutlich wird.

Bezüglich der in die Anlage IV eingeordneten Stoffe gibt die Einheitskonvention (1961) den Unterzeichnern vor, die Produktion, Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Handel, Besitz und Gebrauch auf die medizinische und wissenschaftliche Nutzung zu beschränken und den nicht-medizinischen Gebrauch umfassend zu verbieten und zu bekämpfen, soweit die Vertragspartei dieses „im Hinblick auf die in ihrem Staat herrschenden Verhältnisse für das geeignetste Mittel hält, die Volksgesundheit und das öffentliche Wohl zu schützen ..." (Art. 2 V b). Gemäß Art. 2 VI, VII gelten darüber hinaus für Opium, Koka und Cannabis besondere Bestimmungen. Gemäß Art. 28 kann eine Vertragspartei den Anbau von Cannabispflanzen zur Gewinnung von Cannabis und Cannabisharz gestatten, wenn sie „das in Art. 23 für den Opiummohn vorgesehene Kontrollsystem" (Art. 28 I) beachtet. Dieses sieht einen genehmigungsbedürftigen, umfassend
kontrollierten Anbau mit der Verpflichtung zum vollständigen Verkauf (Abgabe) der Erträge an eine zentrale staatliche Stelle vor. Dieser Stelle ist außerhalb von medizinischen Tatbeständen „das ausschließliche Recht der Ein- und Ausfuhr, des Großhandels und der Unterhaltung von Beständen" (Art. 23 II e) zugewiesen. Gemäß Art. 28 III treffen die Vertragsparteien „die erforderlichen Maßnahmen, um den Mißbrauch der Blätter der Cannabispflanze und den unerlaubten Verkehr damit zu verhindern". Zur Klärung der Fragestellung, was unter Missbrauch zu verstehen ist, wird Art. 4 c) heranzuziehen sein. Denn in diesem ist noch einmal klargestellt, dass der Umgang mit „Suchtstoffen ... auf ausschließlich medizinische und wissenschaftliche
Zwecke zu beschränken" ist. Damit dürfte aber auch der Rahmen für Art. 28 insgesamt bestimmt sein. Die Norm kann mithin nicht ohne weiteres als Einfallstor für die Produktion des gesellschaftlichen Konsumbedarfs einer Vertragspartei begriffen werden. Umso weniger, als Art. 36 I a) die Verpflichtung der Vertragspartner enthält, vorbehaltlich der jeweiligen Verfassungsordnung die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um vorsätzliches Zuwiderhandeln gegen die in der Konvention festgelegten Handlungsrahmen „mit Strafe
zu bedrohen sowie schwere Verstöße angemessen zu ahnden, insbesondere mit Gefängnis oder sonstigen Arten des Freiheitsentzugs".

Mithin ist mit Blick auf Cannabis nicht nur aus Art. 4 c sondern auch aus der gesamten Systematik und Motivation der Konvention ersichtlich (s.a. Art. 2 VII, 19ff), dass ein Umgang außerhalb medizinischer und wissenschaftlicher Zwecke nicht beabsichtigt ist. Eine Deckung des gesellschaftlichen Konsumbedarfs ist daher z.B. im Importwege auch gar nicht vorgesehen (s. Art 19, 21). Allerdings steht die Verpflichtung, Einfuhr, Herstellung und Umgang einer mehr oder weniger strafbewehrten Prohibition zu unterwerfen, unter dem allgemeinen Geeignetheits- und Verfassungsvorbehalt (s.o.).

Ein Vertragspartner könnte also derartige Vorgaben mit Blick auf Cannabis als zum Schutze der Volksgesundheit und des öffentlichen Wohls ungeeignet ansehen. Eine solche Position liegt nicht so fern. Denn es fragt sich zunächst schon, ob von Cannabis-Produkten für die überwiegende Mehrheit der Konsumenten, die in ihrer Gesamtheit ihren Anteil am Volk und an der Volksgesundheit ausmachen, überhaupt eine Gesundheitsgefährdung ausgeht. In physischer Hinsicht wird nicht selten der Beikonsum von Tabak als gefährlichster Aspekt angesehen. In psychischer Hinsicht gibt es sicher problematische Konsummuster in Einzelfällen oder vor dem Hintergrund ohnehin problematischer sozialer Rahmenbedingungen (insbesondere junge Menschen in sozialen Randlagen). Hier wird Cannabis aber wohl mit Einschränkung nur austauschbarer Ausdruck und nicht Ursache sein. In diesen Fällen - wie auch allgemein - fragt sich aber, ob eine wie auch immer ausgestaltete Prohibition überhaupt geeignet ist, etwaigen, der Volksgesundheit entgegenlaufenden Aspekten entgegenzuwirken. Die scheinbar nahezu ubiquitäre Verteilung dürfte dagegensprechen. Zumal dadurch präventive Ansätze verschiedenster Art vergeben werden, die möglicherweise im Ergebnis als geeigneter erscheinen. Sodann ist jedenfalls im Rahmen derjenigen Verfassungen, die eine dem deutschen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechende Einrichtung kennen, auch das Verhältnis zu verschiedenen Individualrechtsgütern (z.B. allgemeine Handlungsfreiheit, Recht auf Rausch, Gewerbefreiheit etc.) in den Blick zu nehmen. Vor dem Hintergrund des Gefahrenverdachts (s.o) könnte hier eine Prohibition auch als unverhältnismäßig einzuschätzen sein. Sollte von einem Vertragspartner eine dieser Positionen eingenommen werden, so dürfte es ihm unbenommen bleiben, andere Regelungen zu treffen. In diesem Rahmen könnte z.B. ein Schwerpunkt der Konvention Beachtung finden, der auf der Kontrolle und Beschränkung der internationalen Verteilungsbewegungen liegt. Deshalb dürfte ein quasistaatliches Erzeugungs- und ein staatliches Verteilungssystem oberhalb des Endvertriebs als gegenüber Importen und privatwirtschaftlichem Großhandel weniger einschneidend empfunden werden. Damit verbunden wäre ein legales (nicht nur geduldetes) System von privaten Kleinverkaufstellen. Aber auch innerhalb der Bandbreite, die sich von diesem Szenario zur völligen Prohibition mit Strafrechtsetzung spannt, sind eine Vielzahl von Abstufungen denkbar, auf die nachfolgend noch näher eingegangen wird.

Die Konvention über psychotrope Substanzen aus dem Jahre 1971 erweitert die internationale Kontrolle auf solche Substanzen, die in der Einheitskonvention keine Berücksichtigung gefunden haben. Mit Blick auf Cannabis ergeben sich hier keine über die Regelungen der Einheitskonvention hinausgehenden Auswirkungen.

Die Konvention gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen aus dem Jahre 1988 behandelt dann nur noch strafrechtliche Aspekte. Zwar liegt der Regelungsschwerpunkt auf Gewinnabschöpfung (Geldwäsche) und internationaler Kooperation, gleichwohl wird eine umfassende Inkriminierung angestrebt und damit auch der Gestaltungsrahmen für Cannabis erheblich betroffen. Gemäß Art. 3 ("Straftaten und Sanktionen") Absatz 1 trifft jede Vertragspartei „die erforderlichen Maßnahmen, um folgende Handlungen, wenn vorsätzlich begangen, als Straftaten zu umschreiben". Es folgen Tatbestände, die auf der Angebotsseite so ziemlich alle Handlungsformen auf unterschiedlichen Ebenen und in unterschiedlichen Beteiligungsformen erfassen, u.a. auch „das Anbauen der Cannabispflanze zum Zweck der Gewinnung von Suchtstoffen ..." (Art. 3 I a ii). Auf der Nachfrageseite sieht Art. 3 II ausdrücklich die Pflicht vor, Straftatbestände zu setzen, die den Besitz, den Kauf und den Anbau zum persönlichen Gebrauch erfassen sollen. Hier kommt der Gedanke zum Ausdruck, dass die Nachfrage das Angebot bedingt und deshalb ebenso an der Gefährdung der Volksgesundheit beteiligt ist. Zu beachten ist aber, dass die Mehrzahl der Tatbestände die Verpflichtung zur Setzung von Strafrecht auf solche Zustände und Handlungsweisen ausdehnt, die in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht hinter den unmittelbaren Umgangsformen (z.B. Einfuhr, Herstellung, Abgabe) stehen und durch die vorigen Konventionen nicht hinreichend Berücksichtigung fanden. Immer dort, wo sich für Handlungsformen schon Regelungen in den Konventionen von 1961 und 1971 finden, sind die neuerlichen Forderungen zur Setzung von Strafrecht unter den Vorbehalt gestellt, dass die jeweilige Handlung außerhalb der Regelungen der Konventionen von 1961 und 1971 stattfindet (s. Art 3 I a i, Art 3 I a ii, Art 3 II). Ein entsprechender Rechtsgedanke findet sich auch in Art. 14 I, demgemäß die hinsichtlich unerlaubtem Anbaus und unerlaubter Nachfrage zu ergreifenden Maßnahmen „nicht weniger streng" sein dürfen, als diejenigen auf der Grundlage der Konventionen von 1961 und 1971. In Art. 3 II ist darüber hinaus ein Vorbehalt durch die jeweiligen Verfassungsgrundsätze und Grundzüge der Rechtsordnung vorgesehen. Dieser ist aber (s.o.) ohnehin wirksam. Mithin dürften die Bedingungen für das vorstehend skizzierte Alternativmodell zum Umgang mit Cannabis auch vor dem Hintergrund der Konvention von 1988 nicht anders zu beurteilen sein. Zumal sich auch die weiteren zu inkriminierenden Tatbestände der Konvention unter den ausdrücklichen oder inzidenten Vorbehalt des „Unerlaubten" stellen. Sie würden also nur bei entsprechenden Handlungen außerhalb des erlaubten Systems Geltung haben. Schließlich sind in der Konvention zum Teil Ansprüche formuliert, die ohnehin mit hergebrachten Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens nicht in Einklang zu bringen sind. Offensichtlich ist zum Beispiel, dass in rechtsstaatlichen Systemen, die dem Gleichheitsgrundsatz verpflichtet sind, ein Sonderstrafrecht für bestimmte Straftaten keine Legitimation beanspruchen kann. Zum Beispiel eine Verpflichtung gemäß Art. 3 VII ließe sich nur dann umsetzen, wenn sie gleichzeitig auch für sämtliche anderen Kriminalitätsfelder Geltung hätte. Derartige Forderungen lassen sich mithin nur als Programm verstehen, nicht aber als zwingende Verpflichtung.

Unterhalb des Modells einer Inlandproduktion von Cannabis mit privatwirtschaftlichem Endvertrieb zu Konsumzwecken sind eine Vielzahl weiterer Varianten denkbar. Die strafrechtlichen Verpflichtungen, die in den Konventionen eingegangen wurden, stehen nicht nur unter verfassungsrechtlichen Vorbehalten, sondern lassen auch Gestaltungsspielräume des nationalen Gesetzgebers offen. Anzusprechen ist die nicht allen Rechtssystemen geläufige Unterscheidung von Strafrecht, mit einem gestaffelten System von insbesondere Geld- und Freiheitsstrafen, und dem Ordnungswidrigkeitenrecht, mit der Geldbuße als Sanktion. Eine entsprechend niederschwellige Einordnung von insbesondere Konsum vorbereitenden Handlungen lässt sich mit den eingegangenen Verpflichtungen in Deckung bringen und ist zum Teil auch schon unwidersprochene Praxis verschiedener Vertragsstaaten. Ferner besteht in Abhängigkeit vom jeweiligen Rechtssystem (s. Art. 37 IV/ 1961, Art. 3 XI/ 1988) die Möglichkeit, im Prozessualen oder Materiellrechtlichen eine Ausgrenzung geringfügiger Verstöße aus dem Bereich des Strafbaren beziehungsweise der Strafverfolgung vorzunehmen (Bagatellprinzip). Vertragsstaaten, deren Strafrechtspflege einen mehr oder weniger generellen Opportunitätsgrundsatz vorsehen (in Deutschland im Ordnungswidrigkeitenrecht verwirklicht), haben eine weitere Möglichkeit, die prohibitiven Bedingungen zu entschärfen. Hier kann dann zwar jeglicher Umgang mit Strafe bewährt werden bzw. bleiben, auf der Grundlage von in Richtlinien festgesetzten Voraussetzungen werden die Strafvorschriften aber nicht vollzogen. Auf dieser Basis funktioniert das "geduldete" System der "Coffee-Shops" in den Niederlanden. Weitere mehr oder weniger kleinteilige Entschärfungen sind denkbar.

Im Ergebnis ist aber festzuhalten, dass ein Vertragspartner dann, wenn er eine insbesondere strafbewehrte Prohibition von Cannabis als ungeeignet zum Schutz der Volksgesundheit erachtet oder auf der Grundlage seiner Verfassung in sonstiger Hinsicht für unverhältnismäßig hält, auch vor dem Hintergrund der bestehenden multilateralen Vereinbarungen ein Modell einer Inlandproduktion von Cannabis mit privatwirtschaftlichem Endvertrieb zu Konsumzwecken etablieren kann. Hier erscheinen zwar Konflikte zwischen den Vertragspartnern vorprogrammiert, gleichwohl dürfte die Gemeinschaft dies hinnehmen, wenn die gemeinsamen Übungen ansonsten aufrechterhalten werden. Je effektiver die Auswirkungen derartiger Lösungen auf Drittstaaten begrenzt werden, desto reibungsloser wird dieser Weg begehbar sein. Je weiter innerhalb etwaiger Legalisierungsmodelle von den Grundzielen der Übereinkünfte abgewichen wird, desto mehr werden die vertraglichen Verpflichtungen strapaziert. Stichworte wären innerstaatliche und internationale Kontrolle. Soll beispielsweise der gesamtgesellschaftliche Konsumbedarf (auch) durch Importe gedeckt werden oder z.B. der Im- und Export und der Großhandel in private Hand fallen, wäre möglicherweise der Bogen überspannt.
Auf die in diesem Fall in den Konventionen vorgesehenen Konfliktlösungsmechanismen sei nur hingewiesen (Art. 48/ 1961, Art. 32 / 1988). Unabhängig davon, dass es jedem Vertragspartner unbenommen ist, Änderungsvorschläge (Art. 47/ 1961, Art. 30/ 1971, Art. 31/ 1988 ) zu machen und deren Umsetzung zu betreiben. Tatsächlich gibt es natürlich außerhalb der Androhung wirtschaftlicher Konsequenzen oder einer Revanche auf anderen Feldern keine Druckmittel, Verstöße zu ahnden.

Als letztes ist die Möglichkeit einer Kündigung der jeweiligen Konvention anzusprechen. Alle hier in Rede stehenden Konventionen können jederzeit gekündigt werden (z.B. Art 30 I/ 1988). Die Wirksamkeit der Kündigung entsteht ein Jahr nach Zugang der Kündigungserklärung beim Generalsekretär (z.B. Art 30 II/ 1988). Hier wäre zunächst eine gestaffelte Lösung dergestalt denkbar, dass zum Beispiel zunächst nur die Konvention von 1988 gekündigt wird, da diese die extremste Programmatik verkörpert und die radikalsten Verpflichtungen beinhaltet. Auch eine Kündigung mit anschließendem Antrag auf Wiederbeitritt unter Vorbehalt ist denkbar.